Mein jüngster Sohn war fünf Tage alt, als ich erfuhr, dass eine meiner besten Freundinnen tot war.
Das Telefon klingelte, eine gemeinsame Freundin war dran. Ich, bereit, die Glückwünsche zur Geburt entgegenzunehmen, hob freudig ab.
"Ines, weißt du, was passiert ist?" Der erste Satz aus dem Mund meiner Freundin irritierte mich. - Na, dachte ich, ich habe ein Kind bekommen, tadaaa!
"Ines, die F. ist in den Todesanzeigen…" - Was??
Schweigen am anderen Ende.
"Bist du sicher?"
"Ganz sicher". Name, Vorname, Beruf, alles stimmt. Ich bin wie vom Donner gerührt. Das Zimmer um mich verschwindet im Nebel, alles was ich wahrnehme ist das Telefon in meiner Hand.
"Oh Gott, hat sie es doch geschafft.", höre ich mich nur sagen.
Das Telefonat endete rasch, weil keiner von uns Worte fand.
Wir kannten uns länger als unser halbes Leben, hatten zusammen die Schulbank gedrückt, einander über unseren ersten Liebeskummer hinweggeholfen, waren Zeugen bei unseren Hochzeiten und Gäste bei den Taufen unserer Kinder gewesen. Wir hatten, Freude und Leid geteilt und uns durch unser Leben begleitet.
Meine liebe Freundin F. litt an Depressionen. Oft hatte sie erzählt, dass sie in ihren depressiven Phasen von einem einzigen Gedanken beherrscht wurde: wie sie sich am besten aus dem Weg räumen könne.
Stunden nach dem Telefonat kam die Bestätigung via E-mail von F.s Mann. Es war wahr. Sie hatte eine kleine Gelegenheit genutzt, war von zu Hause, ihren Eltern, ihrem Mann und den drei Kindern weggelaufen und hatte sich erhängt.
Der Schock saß eisig in meinem Körper. Ich sah mein Neugeborenes an und konnte nicht fassen, dass hier jemand gekommen und dort eine andere auf so grausame Weise gegangen war.
Jahrelang konnte ich nicht an meine Freundin denken, ohne zu weinen. Ich träumte von ihr, weinte im Traum, umarmte sie, war wütend auf sie, wollte sie nicht gehen lassen. Immer wieder sagte sie mir, sie sei jetzt wieder da, aber könne nicht bleiben.
Der Schmerz über ihren Tod wollte nicht vergehen.
Dann traf ich zufällig nach Jahren ihre Eltern und ihren Bruder, die ich viele Jahre nicht mehr gesehen hatte, im Park. Beim Spazierengehen erzählte ihre Mutter mir, dass sie immer wieder in geistigem Kontakt mit F. sei.
F. wäre jetzt glücklich, meinte sie, sie wäre im Licht und sie würde sagen, dass es im Leben nur um die Liebe geht. Nur um die Liebe.
Kurze Zeit später stieß ich auf einen englischsprachigen Podcast über Nahtoderfahrungen. Ich hatte mich schon in meiner Jugend und Adoleszenz mit solchen Erlebnissen befasst, und einige Bücher darüber gelesen. Dann war das Thema völlig in Vergessenheit geraten. Nun, in der Trauer um meine Freundin, hörte ich die Berichte mit ganz anderen Ohren. Die alte Faszination über die unsichtbare Welt und die anderen Dimensionen erwachte wieder, tröstete mich und nahm mir meine Ängste.
Der Verlust meiner Freundin schmerzt immer noch, aber ich urteile nicht mehr über ihren Tod. Weiß ich denn, dass ihr Leben nicht genau so war, wie es sein sollte? Weiß ich, dass ihre Seele sich nicht vorgenommen hat, genau das zu erleben?
So tiefe Verzweiflung zu fühlen, dass der Freitod der einzige Ausweg zu sein schien? Natürlich weiß ich das nicht. Ich halte es aber für immer wahrscheinlicher. Gott macht keine Fehler, und die Seele, als Teil von Gott, weiß was sie tut.
Der Impuls, den ersten deutschsprachigen Podcast über Nahtoderfahrungen ins Leben zu rufen, kam ganz plötzlich und entsprang dem Wunsch, andere Menschen an den wunderbaren Ausblicken in das Leben nach dem Tod teilhaben zu lassen.
Ich wünsche meinen HörerInnen, dass sie die Botschaften der GrenzgängerInnen in ihr Herz lassen können und dabei Trost und Zuversicht finden.